Es gibt Blumen, die entfalten ihren besonderen Zauber erst wenn es dunkel wird. Im Moment sind das die geheimnisvollen Nachtkerzen (Oenothera biennis), die erst in der Abendämmerung aufblühen und ihren Tisch für Nachtinsekten frisch eindecken. Nachtkerze bei Tag? Total langweilig. Aber abends, wenn das Tageslicht schwindet… wenn Schmetterlinge und Bienen längst irgendwo untergeschlupft sind… Dann kommt der große Auftritt der Königin der Nacht. Lasst euch verzaubern von dieser wunderschönen Pflanze!
Nachtkerzen: mal hui, mal pfui
Passiert man tagsüber einen Nachtkerzenbestand, ist das wenig beeindruckend: Es sieht eigentlich immer verblüht und ein bisschen schäbig aus. Kommt man aber abends zwischen 9 und 10 noch einmal vorbei, bietet sich ein ganz anderes Bild. Dann leuchten die hellgelben Blüten an den Spitzen wie Kerzen in der Dämmerung. Ihre Leuchtkraft scheint mit dem schwindenden Licht sogar noch zuzunehmen, und das beste ist: Es werden immer mehr.
Nachtkerzen kann man beim Aufblühen buchstäblich zusehen. Soweit ich weiß gibt es keine andere Blüte, die so schnell aufblüht. Es ist unglaublich faszinierend zuzuschauen, wie sich nach und nach überall lautlos die großen gelben Blütenkelche öffnen! Im Moment stehe ich jeden Abend ein paar Minuten ganz verzaubert vor den Pflanzen und bestaune diesen Anblick. Es ist fast wie Sternschnuppengucken.
Schaut mal hier, ist das nicht wunderschön?
Ein bisschen Blütenbiologie
Auch Nachtkerzen sind ziemlich ausgefuchst, um Fremdbestäubung mindestens zu ermöglichen. So etwas ähnliches kennt ihr ja bereits vom Fingerhut. Auch Nachtkerzen haben männliche (Staubgefäße) und weibliche (Narben) Organe in einer Blüte. Wenn die Blüte aufblüht, wird erstmal der ganze Pollen frei (die Pollenkörner sind hier mit klebrigen Fäden verbunden). Die 4 grünen Narben liegen in dem Moment noch als Einheit eng aneinander (li). Sie blühen erst ungefähr eine halbe Stunde später auf, erkennbar daran, dass die 4 Narben dann weit auseinander spreizen (Bild re.). Wenn jetzt ein Insekt zur Nektarbar kommt, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass der anhängende Pollen von einer anderen Pflanze stammt.
Nightlife im Nachtkerzenbeet
In dem Moment, in dem die Blüten aufgeblüht sind, verströmen sie einen unwiederstehlichen, süßlichen Duft, ein bisschen wie Jasmin. Unsereiner nimmt ihn schon auf 2 Meter Entfernung wahr, aber Insekten…. genauer gesagt Nachtfalter oder einfach Motten… Die „riechen“ den Duft noch aus ganz anderen Entfernungen. Für sie beginnt jetzt ein Festmahl ohne Gleichen! Ich habe mich vorgestern mal um kurz nach 10 mitten ins Beet zwischen die Nachtkerzen-Leuchter gestellt und war beeindruckt von der Party, die dort stattfand: Überall flatterte und brummte es zwischen den Blüten – es waren so viele Nachtfalter! Total spannend. Schaut selbst:
Am nächsten Morgen herrscht dann fast so etwas wie Katerstimmung im Beet: die Blüten werden schlapp und klappen langsam zusammen. Immerhin kommen aber noch Taginsekten und machen sich über die Reste der Party her. Schwebefliegen, Bienen und Hummeln müssen sich aber beeilen, denn spätestens um 10 Uhr vormittags sind alle Blüten verblüht. Dann herrschen Ruhe und Schmucklosigkeit im Beet. Bis abends, wenn die Dämmerung kommt…
Hallo,
das ist eine wirklich schöne Pflanze 🙂
Faszinierend!!