Auf einmal sind sie da. Zartlila Blüten, elegant auf blassen Stengeln über dunkler Erde schwebend, Krokussen zum Verwechseln ähnlich; und doch irgendwie ganz anders, irgendetwas Ungewöhnliches, Zwielichtiges haftet ihnen an… Es ist die Zeit der Herbstzeitlosen (Colchicum autumnale): Zauberhaft schön, gleichzeitig tödlich giftig, markiert die Herbstzeitlose das Ende des Sommers und bereitet die Bühne für den wunderbaren Herbst.
Blüten ohne Blätter
Dass die blasslila Blüten gar so zerbrechlich und zart wirken, hat viel damit zu tun, dass sie auf ihrem bleichen Stiel ohne ein einziges grünes Blatt als Begleitung sitzen. Das hat seine Richtigkeit, denn die Blätter der Herbstzeitlosen erscheinen erst im Frühjahr. Übrigens ist der bleiche „Stiel“ gar kein Stiel, sondern ein Teil der Blüte. Der Fruchtknoten sitzt nämlich weit unten in der Erde. Die Blätter im Frühjahr erscheinen dann direkt mit den kapselartigen Früchten. Damit wächst diese Pflanze derartig entgegen aller bekannter natürlichen Rhythmen, dass die Menschen sie schon immer mit scheelem Blick angesehen haben.
Herbstzeitlose gegen Gicht
Hinzu kommt ihre ausserordenliche Giftigkeit. Die schöne Herbstzeitlose enthält das Gift Colchicin (-> lat. Name!), welches die Zellteilung stört und für Tiere und Pflanzen gleichermaßen schädlich ist. Als Wiesenpflanze wurde sie von den Menschen fast ausgerottet, weil sie noch in getrocknetem Zustand das Heu fürs Vieh verdirbt. Allerdings kommt es auch bei diesem Gift – wie eigentlich immer – auf die Dosis an. Denn colchicin-haltige Medikamente werden auch heute noch bei akuten Gichtanfällen erfolgreich eingesetzt.
Was für eine Pflanze: wunderschön und sehr gefährlich, erinnert an Frühling, verkündet aber den Herbst, hochgiftig, doch auch heilend. Ich bin begeistert!
Und heute will ich schließen mit einem Gedicht von Ferdinand Freiligrath (1810-1876):
„Verblüht schon war die Rose, die Nachtigall geflohn,
die ernste Herbstzeitlose stand auf den Wiesen schon.“